Demo gegen Klimakrise

Verzicht fürs Klima – Hat das Sinn?

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Die Klimakrise betrifft uns alle. Dieses Bewusstsein scheint immer mehr in unserer Gesellschaft anzukommen und Veränderungen im Konsum zu erzeugen. Eine immer größere Anzahl an Menschen greift im Kühlregal zur veganen oder vegetarischen Alternative, versucht ihren nächsten Urlaubsort ohne Flugzeug zu erreichen, oder ist im Allgemeinen nachhaltiger. Doch wie viel Sinn hat eine Einschränkung des privaten Konsums überhaupt? Wir haben nachgefragt.

Erst Ende Mai veröffentlichte ein internationales Team von Forscher*innen eine Studie darüber, welche Maßnahmen im privaten Bereich die meisten Auswirkungen erzielen könnten, um den ökologischen Fußabdruck zu reduzieren und damit klimafreundlicher zu leben. Der Verzicht auf Verkehrsmittel wie Auto, oder Flugzeug und die Reduzierung des Fleischkonsums standen hierbei ganz weit oben. Nicht jede*r fühlt sich dazu verpflichtet der Klimakrise entgegenzuwirken. Individueller Verzicht sei nicht zielführend und habe keine Auswirkungen, solange es nicht auf höherer Ebene zu Veränderungen kommt, meinen manche. Hinzu kommt, dass es oft gerade jene Personen sind, die einen nachhaltigeren Lebensstil predigen, welche durch ihr eigenes Verhalten klimaschädlich handeln. So finden sich unter anderem unter den Vielflieger*innen zu einem signigikanten Teil Grünwähler*innen. Diese dürften sich zwar ihres CO² Austoßes bewusst sein, doch das Verlangen nach kultureller Vielfalt überschattet das sonst so präsente Klimabewusstsein.

Wir haben uns bei Personen verschiedenen Alters umgehört und sie zu ihrem eigenen Konsum befragt. Auf welche Konsumgüter wird hier mit Hinblick auf die Klimakrise am meisten verzichtet und inwieweit wird die eigene Einschränkung im privaten Verbrauch überhaupt als sinnvoll erachtet?

Verzichtest du selbst auf ein, oder mehrere Konsummittel, um dich klimafreundlich zu verhalten?

Flora, 23: Ja, ich verzichte auf Fleisch und ich glaube Fliegen auch in gewisser Art und Weise. Ich würde schon wenn sich was ergibt unter Umständen fliegen, aber ich denke bewusster drüber nach.

Max, 25: Nein, ich verzichte nicht wirklich auf bestimmte Konsummittel aber ich schaue, dass ich diese bewusster und reflektierter als früher konsumiere. Beispielsweise achte ich bei Lebensmitteln auf mehr Regionalität und Saisonalität. Beim Personentransport, schaue ich schon auch nach Alternativen, aber meistens ist es mehr eine ökonomische Begründung weshalb ich doch mehr fliege.

Alexander, 59: Also ich verzichte auf Fleisch essen, fast zur Gänze. Also Rotes Fleisch, Schweinfleisch… esse ich eigentlich gar nicht mehr. Und Auto fahren tue ich wirklich nur wenn es notwendig ist. Also ich fahre entweder mit Rad, Roller oder öffentlich.

Martina, 52: Was ich sowieso tue, ist so gut wie kein Fleisch essen. Das ist zwar klimafreundlich aber das tue ich schon auch aufgrund das Tierschutzes, nicht nur wegen des Klimas. Und ich fahre auch kaum Auto. Es gibt gewisse Dinge die mache ich einfach, auch weil sie gut fürs Klima sind, aber eben auch sehr wohl weil sie andere Aspekte haben. Ich trenne meinen Abfall und ich brauche keine Erdäpfel aus Ägypten und keine Äpfel aus Chile oder sonst etwas, das erst mal rund um den halben Globus reisen muss, obwohl es auch hier wächst. Oder Dinge wie Reinigungsmitteln versuche ich einerseits sparsam einzusetzen und andererseits auch natürliche Alternativen zu finden.

Auf welche dieser drei Dinge könntest du am ehesten verzichten: Fleischkonsum, Fliegen oder „Fast Fashion“? Warum?

Flora, 23: Ich glaube für mich wäre es am einfachsten auf Fast Fashion zu verzichten. Weil ich einfach sowieso hochqualitative Stoffe sehr schätze und sonst eher gern Secondhand einkaufe. Auf Fleisch finde ich es auch nicht schwierig zu verzichten, aber da gibt es manchmal kleine schwache Momente.

Max, 25: Fleischkonsum. Aus eher persönlichen Gründen, da ich Fleisch mehr als Genussmittel sehe als etwas Lebensnotwendiges und sehr gut darauf verzichten könnte. Und die Alternativen zu Fleisch, wie bei Produkten aus Gemüse, Pilzen usw., sind ja grenzenlos.

Alexander, 59: Sowohl auf Fleischkonsum, wie auf Fast Fashion kann ich gut verzichten. Fleisch schmeckt mir nicht. Fast Fashion, kaufe ich ganz selten, bis auf Socken oder Unterhosen vielleicht. Und auf das Fliegen, möchte ich nicht verzichten.

Martina, 52: Auf alle drei! Ich verzichte auf alle drei Dinge momentan nicht zu 100% aber ich esse wahrscheinlich einmal im Monat Fleisch und beim Fliegen ist es auch so ähnlich. Ich würde es traurig finden wenn man gar nicht mehr fliegen könnte, glaube aber schon dass man sich da vieles überlegen kann, also mit dem Zug beispielsweise. Und bei Fast Fashion…ich bin keine 20 mehr da hätte ich es vielleicht etwas tragischer gesehen aber jetzt mit Mitte 50 versuche ich eher stilsicher zu sein.

Denkst du, dass individueller Verzicht überhaupt etwas bewirken kann?

Flora, 23: Ja, denke ich schon eigentlich. Es kommt natürlich darauf an, wie viele Leute individuell verzichten. Aber ich denke wenn wir alle denken, dass unser individueller Verzicht nichts bringen kann, dann geht total viel Handlungspotential verloren.

Max, 25: Jein. Also ich glaube schon, dass Konsument*innen das Angebot begrenzt steuern können aber aufgrund von Mechanismen des Kapitalismus eben, nur sehr begrenzt. Generell halte ich es für effektiver und nachhaltiger an der Produzent*innenseite anzusetzen und ich glaube viel mehr, dass es wichtig ist, das es bewusste staatliche Eingriffe gibt, um diese Dynamiken und Interessen von den Produzent*innen zu begrenzen.

Alexander, 59: Im Prinzip schon, oja. Es muss halt eine gewisse Breitenwirkung kriegen, es muss sich halt das Mindset der Bevölkerung ändern. Wenn jede*r für sich etwas ändert, dann ja.

Martina, 52: Selbstverständlich. Viel individueller Verzicht ist auch ein schöner Brocken und ganz viel davon, ist auch etwas, was sozusagen diese Konsumentenmacht in Gang setzt. Und es wird immer etwas sein, dass den Hersteller von einer ganz bestimmten Sache trifft. Das heißt wenn Viele etwas Bestimmtes wählen, dann wird die Nachfrage steigen und eine Veränderung herbeiführen.

Ein Großteil der Interviewpartner*innen schreibt also ihrer eigenen Handlungsmacht eine große Wirkung zu. Der Verzicht auf Fleisch fällt den meisten leicht, doch aufs Fliegen will man eher nicht verzichten. Fast Fashion steigt ebenfalls schlecht aus, mitunter auch, weil es sehr viele alternative Möglichkeiten gibt. Wie viel das in der Realität nun aber tatsächlich sowie langfristig bewirken kann, lässt sich nur schwer beantworten. Es kann als förderlich betrachtet werden, wenn sich zunehmend Menschen in den Ländern des globalen Nordens mit ihrem alltäglichen Konsum und dessen ökologischen und sozialen Auswirkungen auseinandersetzen. Mit Blick auf die Klimakrise sollte uns aber auch bewusst sein, dass Konzerne zur Verantwortung gezogen werden müssen.

Reglementierungen im wirtschaftlichen Bereich, wie für die Massentierhaltung oder die Einführung einer CO² Steuer wären bitter notwendig, um systematisch etwas zu verändern. Um langfristige, klimafreundliche Veränderungen zu erzielen sollten diese Maßnahmen jedoch verbindlich und einheitlich durchgeführt werden, damit diese in naher Zukunft nicht nur zu weiteren Scheinlösungen in der Klimapolitik werden.


Weitere Infos:

Die Studie zu den Auswirkungen des individuellen Konsumverhaltens findet ihr hier.

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