Tänzerin

Drei Tage (Trauma) Tanzen

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Belastungen spüren, loswerden oder integrieren. Das waren meine Erwartungen an Tanz aus dem Trauma. Wie intensiv das sein kann und wie viel Wechselgewand dafür nötig ist, habe ich dabei maßlos unterschätzt.

Trotz Psychologiestudium und begonnener Ausbildung zur Psychotherapeutin ging mein Blick über den Tellerrand der Gesprächstherapie bisher nicht weit hinaus. Dass es neben der gängigsten Form von Psychotherapie auch Therapiemethoden gibt, die den Körper miteinbeziehen, war neu für mich. Inspiriert von dieser Erkenntnis – für die ich immerhin 3,5 Jahre Studium gebraucht habe ­– besuche ich mein erstes getanztes Selbsterfahrungsseminar Tanz aus dem Trauma.

Getanzt habe ich eigentlich immer gerne. Mein tanzfreudiges Nachtleben beschränkt sich allerdings momentan auf seltenes Herumwackeln und Vorsichtdassichmeinbiernichtverschütte im Tanzcafé Jenseits und noch seltenere Ausflüge in die Fledermaus. Und von meinem sportlichen Choreographie-Tanzen gibt es nur noch traurige Erinnerungsfotos von Auftritten mit fragwürdigen Frisuren.

Wie jetzt, nüchtern?

Ein freies Tanzen ohne Clubatmosphäre und Alkohol kenne ich bis zu meinem ersten 5Rhythmen-Erlebnis nicht. Es stellt sich jedoch als beeindruckend einfach heraus, in die von Gabrielle Roth entwickelten Rhythmen Flowing, Staccato, Chaos (yes!), Lyrical und Stillness (mhmm) einzutauchen. Ich will aus diesem Erlebnis definitiv kein einmaliges machen und melde mich für Romana Tripolts Seminar Tanz aus dem Trauma an.

Trauma kenn‘ ich nicht, hab‘ ich nicht

Ein Trauma brauche es für Tanz aus dem Trauma nicht, so Romana. Tänzerische Erfahrung übrigens auch nicht. Akute oder langandauernde Belastungen seien ausreichend für eine Teilnahme. Das kommt mir entgegen, denn (m)ein Trauma ist mir bis dato unbekannt. Komisch nur, dass mich so manche Geschichten anderer Teilnehmer*innen trotzdem so berühren, als wären es meine eigenen. Ich stelle fest, dass das vielleicht auch gar nicht so weit von der Wahrheit entfernt ist und vereinbare mir pflichtbewusst einen Termin bei meiner Therapeutin.

Tanzen als Hilfe beim Heilen

Gekommen bin ich mit meinem Thema Leistung, gegangen mit einem besseren Gespür für meine Grenzen. Es erweist sich als überraschend natürlich, meinen Gefühlen durch das Tanzen einen Ausdruck zu verschaffen. So kann ich mir am Sonntagmorgen dann auch den Raum für meine körperliche und geistige Erschöpfung nehmen und erstmal eine halbe Stunde am Boden kugeln, bevor ich mich von den anderen Tänzer*innen und dem Rhythmus mitreißen lasse.

Auch das Vertrauen in meine Intuition im Kontakt mit anderen Menschen ist auf jeden Fall frisch gestärkt. Besonders wertvoll: Einmal ohne Worte in Verbindung treten zu können! Fragen wie „Was nährt mich?“ unterstützen meine tänzerische Suche nach Ressourcen. Nach einem durchtanzten Samstag lautet meine Antwort: Pizza Bianca, Chai mit Hafermilch, extra viel Honig und ein gutes Gespräch.

Einmal Sternenstaub, bitte

Mit ausgestreckten Armen und vibrierenden Fingern gab es abschließend für Team und Tänzer*innen sanften „Sternenstaub“ anstelle von unkontrolliertem Klatschen. So ein Nicht-Mitteilen kann schön sein, ein Erfahrungen-Teilen mitunter schöner. Deshalb gibt es für alle Spürfreudigen da draußen noch die warme Empfehlung, sich selbst einmal den 5Rhythmen in Romanas Seminar oder bei einem Soulrhythms Event hinzugeben.


Infos

Tanz aus dem Trauma: https://www.traumatherapie.at/tanz-aus-dem-trauma/

5Rhythmen in Wien: https://www.soulrhythms.at/events/

5Rhythms nach Gabrielle Roth: http://www.youtube.com/watch?NR=1&feature=endscreen&v=uyhs2mNLgyA

Wienerin. Psychologiestudentin. Busy bee.

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