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Sieben HIV-Mythen: Wirklich wahr oder frei erfunden? 

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HIV-positiv heißt nicht automatisch ansteckend. HIV-positiv bedeutet nicht männlich und homosexuell. HIV-positiv führt nicht zu Verzicht auf Sex. Dennoch ist die Diagnose hartnäckig mit Vorurteilen und Schuldzuweisungen verbunden. Anlässlich des Welt Aids Tags am 01.12.2019 finden von Samstag auf Sonntag die TOGETHER-Events statt, es wird gemeinsam gepunscht, getanzt und gefeiert. Grund genug, die beständigsten HIV-Mythen noch einmal aufzurollen.

#1 HIV = AIDS

Nein. Das sind entgegen der landläufigen Meinung zwei unterschiedliche Dinge. HIV steht für Humanes Immundefizienz-Virus. Das HI-Virus kann über Blut, Sperma und Vaginalflüssigkeit bei Blut- oder Schleimhautkontakt übertragen werden – und auch nur dann! Übertragung beim Händeschütteln ist ein veraltetes Märchen. Reiner Hautkontakt birgt keine Infektionsgefahr. Dafür gilt Vorsicht bei ungeschütztem Sex, egal ob vaginal, anal oder oral. Ist der HIV-Status nicht bekannt, sollte auf jeden Fall ein Kondom verwendet werden.

Von AIDS, dem durch das HI-Virus erworbene Immunschwächesyndrom, spricht man erst, wenn das Immunsystem bereits sehr stark geschwächt ist oder bestimmte Krankheiten auftreten (z.B. eine Form von Lungenentzündung oder Pilzerkrankungen). AIDS ist immer noch lebensgefährlich. 

#2 Wer HIV-positiv ist, stirbt früher.

Halleluja – das stimmt zum Glück nicht (mehr). Bei entsprechender Behandlung haben HIV-positive Menschen dieselbe Lebenserwartung wie nicht infizierte Menschen.

#3 Bei HIV-positiv kann man nix mehr machen.

Das ist wahrscheinlich das gefährlichste Gerücht und hält viele Menschen davon ab, sich überhaupt testen zu lassen. Aus Angst, man könne ja positiv sein. Dann müsse man halb ohnmächtig mit diesem Wissen leben und könne nichts dagegen tun – willkommen in der Mythen-Spirale. Das Wichtigste zuerst, und das gilt für alle, unabhängig von Geschlecht, Alter und sexuellen Vorlieben: KNOW YOUR STATUS (LIFE+ Kampagne, 2017 & 2018). Nur wenn man seinen HIV-positiven Status kennt, kann man sich entsprechend medikamentös behandeln lassen. Durch die Behandlung kann virale Suppression erreicht werden. Das bedeutet, das HI-Virus ist zu diesem Zeitpunkt nicht nachweisbar und kann nicht mehr übertragen werden. Achtung: HIV ist trotzdem noch im Körper und die Behandlung muss weitergeführt werden. Eine endgültige Heilung gibt es nach wie vor nicht. 

#4 HIV haben doch nur schwule Männer.

Newsflash: Risikoverhalten kann zu HIV führen – nicht Alter, Herkunft, Geschlecht oder sexuelle Vorlieben. Dieses Vorurteil, also die gedankliche Verbindung von HIV mit Männern, die Sex mit Männern haben, erschwert anderen betroffenen Gruppen einen „normalen“ Alltag. Frauen machen beispielsweise weltweit circa 50% aller HIV-positiven Personen aus. Trotz der steigenden Anzahl HIV-positiver Frauen gibt es kaum frauenspezifische Präventionsmaßnahmen und psychologische Behandlungsmöglichkeiten. Umso wichtiger ist es, hier erst einmal vermeintliches Scheinwissen zu überprüfen.

#5 Nur noch mit Kondom oder am besten gar nicht.

Nicht zwingend! Klar, Safer Sex geht am einfachsten mit Kondom – billig, nebenwirkungsfrei und schützt auch vor anderen Geschlechtskrankheiten. Ist das HI-Virus allerdings nicht nachweisbar und damit virale Suppression erreicht, kann theoretisch auf das Kondom verzichtet werden. HIV-negative Partner*innen können sich zusätzlich mit einem vorbeugenden HIV-Medikament, einer Präexpositionsprophylaxe (PrEP), schützen. 

Im Falle eines unsicheren sexuellen Kontakts muss man allerdings schnell handeln. HIV-negative Menschen können das Risiko einer Infektion mit der medikamentösen Postexpositionsprophylaxe (PEP) verringern. 

#6 HIV-positive Frauen dürfen keine Kinder kriegen.

Auch das ist Blödsinn. Hier gilt wieder die virale Suppression: Ist das HI-Virus dank Medikamenten nicht nachweisbar, liegt das Risiko der Übertragung an das Kind unter 1%. Beratung, konsequente Medikamenteneinnahme und regelmäßige Kontrolltermine sind natürlich trotzdem wichtig.

#7 HIV-Test geht nur bei Ärzt*innen und das ist ja viel zu peinlich.

Einen HIV-Test kann man bei Allgemeinmediziner*innen durchführen lassen, muss man aber nicht. Wem das unangenehm ist, kann sich bei Zweigstellen der Aids Hilfe anonym und kostenlos testen lassen. Seit 2018 gibt es auch einen HIV-Selbsttest aus der Apotheke für zuhause. 

Quick Guide: How to HIV-negativ?

  1. Kenne deinen Status. 
  2. Informiere dich. Das heißt vor allem, die eigenen Vorurteile nochmal gründlich zu überprüfen.
  3. Versuche, dich vorurteilsfrei zu verhalten.
  4. Signalisiere Verschwiegenheit, wenn sich dir jemand anvertraut. Status-Sharing macht hier ausnahmslos die betroffene Person selbst.
  5. Schütze dich. HIV/AIDS ist nach wie vor gefährlich!

Infos

Veranstaltungshinweis: TOGETHER von Samstag 30.11. auf Sonntag 01.12.2019, Programm unter https://lifeplus.org/wp-content/uploads/2019/11/TOGETHER_Gesamtprogramm.pdf

FALTER Radio: Podcastfolge Leben mit HIV (2018) unter https://www.falter.at/falter/radio/08f48a0b6a854b8a8ca706ec67ec9581/leben-mit-hiv-61

Globale Infos https://www.unaids.org/en

Events & Kampagnen https://lifeplus.org

Information, Beratung und Unterstützung:

PulsHIV (vor allem für Frauen) http://www.pulshiv.at

Aids Hilfe Wien http://www.aids.at

Wienerin. Psychologiestudentin. Busy bee.

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