Queer in Österreich von damals bis heute

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Seit den 70ern wird in vielen Teilen der Welt im Juni die Pride Parade veranstaltet. Bei dieser Parade, die die unterschiedlichsten Identitäten und alle Mitglieder der LGBTQIA+ Gemeinschaft zelebriert, geht es aber nicht nur ums Feiern. Die Veranstaltung, die ursprünglich als Protest begann, kann ebenfalls als Einsatz für die Rechte von queeren Personen verstanden werden.

Die meisten gesetzlichen Regelungen betreffend Personen im LGBTQIA+ Spektrum befassten sich früher mit Homosexuellen. Gleichgeschlechtliche sexuelle Handlungen wurden erst 1971 legalisiert. Unterschiede gab es aber weiterhin beim Schutzalter. Während Geschlechtsverkehr schon damals mit Jugendlichen älter als 14 Jahren grundsätzlich erlaubt war, blieb gleichgeschlechtlicher Geschlechtsverkehr mit unter 18 Jahren jedenfalls strafbar. Diese Ungleichbehandlung wurde erst 2002, nachdem Österreich deswegen vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) verurteilt wurde, beseitigt.

Recht auf Gleichbehandlung

Die frühen 2000er brachten in diesem Zusammenhang einige Fortschritte. In Umsetzung der Antidiskriminierungsrichtlinien der Europäischen Union, wurde die sexuelle Orientierung als verbotener Diskriminierungsgrund in das Gleichbehandlungsgesetz integriert. Im Zusammenhang mit der Arbeitswelt darf daher niemand aufgrund seiner sexuellen Orientierung schlechter als andere behandelt werden. Versuche, diesen Schutz auch auf andere Bereiche auszuweiten, blieben bis heute ohne Erfolg. Teilweise wird durch Landesgesetze weitergehender Schutz gewährt, dabei kommt es aber dann auf die äußerst komplizierte österreichische Zuständigkeitenzverteilung zwischen Bund und Ländern an, wie konkret auf Diskriminierungen reagiert werden kann. Ein Vermieter kann daher derzeit z.B immer noch einem schwulen Paar aufgrund ihrer Homosexualität eine Wohnung verweigern, ohne, dass diese sich dagegen wehren könnten.

Trans-, intergeschlechtliche und nonbinäre Personen sind vom Gleichbehandlungsgesetz nicht explizit umfasst und wurden bei dessen Normierung wohl auch nicht mitbedacht. Ihre Ungleichbehandlung fällt aber unter die Diskriminierung aufgrund des Geschlechts, weswegen ihnen sogar ein weitergehender Schutz als aufgrund der sexuellen Orientierung, auch in Bereichen außerhalb der Arbeitswelt zukommt.

Hürden für die Partnerschaft

Im Jahr 2010 wurde in Österreich die eingetragene Partnerschaft als eher halbherziger, in einigen Punkten rechtlich schlechter gestellter, Eheersatz für gleichgeschlechtliche Partner geschaffen. Diese wurde, mehr durch Gerichtsentscheidungen als durch die Gesetzgebung, über die Jahre hinweg immer weiter der Ehe angepasst.

So musste z.B Österreich nach einer Entscheidung des EGMR 2013 die Adoption von leiblichen Kindern des gleichgeschlechtlichen Partners möglich machen. 2015 hob der Verfassungsgerichtshof das Adoptionsverbot für gleichgeschlechtliche Partner auf. Kurz gesagt, weil es keinerlei sachliche Rechtfertigung für diese Unterschiede gab.

Letztendlich Ehe für alle

Auch der VfGH war es, der dazu führte, dass Österreich letztendlich mit Jänner 2019 gleichgeschlechtlichen Paaren als weltweit 24. Staat die Möglichkeit gab, eine Ehe zu schließen. Die zur Zeit der Entscheidung zuständige Türkis-Blaue Regierung verabsäumte es in diesem Zusammenhang gesetzliche Regelungen treffen. Dies führte zur ungewöhnlichen Situation, dass in Österreich die eingetragene Partnerschaft und die Ehe als mittlerweile weitgehend gleichartige Institute nebeneinander für alle Paare offen stehen.

Neues bei den Geschlechtseinträgen

2018 erkämpfte eine intergeschlechtliche Person beim VfGH das Recht auf eine weitere Option im Personenstandsregister. Mittlerweile gibt es sogar sechs Wahlmöglichkeiten, neben „männlich“ und „weiblich“ auch „inter“, „divers“ und „offen“ und die Möglichkeit der Streichung des Geschlechtseintrags. Das ist im internationalen Vergleich sehr fortschrittlich, auch wenn der Verein intergeschlechtlicher Menschen Österreich in einer Presseaussendung die weiterhin bestehenbleibende Fixierung auf körperliche Merkmale und deren Patholigisierung bedauerte. Wünschen würde man sich die Möglichkeit für alle Menschen, die sich in der vorherrschenden Teilung der Geschlechter in Frau und Mann nicht wiederfinden, ihren Eintrag völlig frei zu wählen.

Unbestreitbar konnten in den letzten Jahren demnach einige langjährige Forderungen der LGBTQIA+-Gemeinschaft umgesetzt werden. Auf der alljährlichen Pride-Parade werden diese hart erkämpften Errungenschaften gefeiert und sie ist eine Chance, weitere Entwicklungen zu fordern.

Titelbild von Wokandapix auf Pixabay

Juristin aus Wien, immer auf der Suche nach Antworten und Fragen.

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