Mensch geht eine Straße entlang

VorLaut – Frauenkörper dürfen kein Politikum sein!

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Diese Woche verzeichnen die Neokonservativen weltweit große Erfolge. In Polen beschließt ein Gericht, dass auch bei schweren Fehlbildungen Schwangerschaften nicht abgebrochen werden dürfen. In den USA wurde unterdessen Amy Coney Barrett als Höchstrichterin bestätigt. Die fundamentalistische Katholikin ist radikale Abtreibungsgegnerin.

Seit Jahrhunderten kämpfen Frauen für Selbstbestimmung. Dass jetzt Rückschritte gemacht werden, zeigt einen besorgniserregenden Trend. Ob Orban, Trump oder Kaczyński in Polen, immer wenn Rechtsnationalisten gewinnen, sitzen religiöse Fundamentalisten mit im Boot.

Überlässt man Menschen, die per definitionem dem rationalen Denken abgeschworen haben, Machtpositionen, darf man sich auch nicht wundern, wenn dabei Absurdes herauskommt. Besonders deutlich illustriert ein Bericht aus der katholischen Sekte, der Amy Coney Barrett angehört, wie seltsam diese Ideologien werden können. Zu breite Gürtelschnallen sollen dort verboten gewesen sein, weil sie zu viel Aufmerksamkeit auf die Geschlechtsteile lenkten und damit „sündhaftes“ Verhalten provozieren würden.

Doch diese Entwicklung hat auch ernste Konsequenzen. In den USA müssen jetzt Frauen um ihr Recht auf einen Schwangerschaftsabbruch fürchten. Denn die von Trump nominierte Coney Barrett hat sich in der Vergangenheit immer wieder dafür ausgesprochen, dass jenes Urteil, das einen Schwangerschaftsabbruch ermöglicht, aufgehoben werden sollte. In Polen ist genau das diese Woche passiert. Tausende gingen aus Protest gegen das Urteil auf die Straßen.

Wie kann es sein, dass Frauen immer noch dafür kämpfen müssen, über ihren eigenen Körper verfügen zu dürfen? Will die EU tatsächlich tolerieren, dass auf ihrem Gebiet Menschen gezwungen werden, sich gefährlichen, illegalen Abtreibungen zu unterziehen? Selbst in der Krise müsste die Union klar Stellung beziehen und sich gegen derartige Verbote aussprechen, denn diese sind nichts anderes als institutionelle sexuelle Gewalt.

Die Ereignisse der letzen Woche zeigen deutlich, dass Progressive es nicht dabei belassen können, bloß Fortschritt einzufordern. Auch erkämpfte Freiheiten müssen verteidigt werden. Wie das geht, zeigen zehntausende Protestierende in den Straßen Polens, die trotz Repressionen und Gewalt weiter demonstrierten. Ein solidarisches Europa muss zeigen, dass dieser Rückschritt in eine Zeit, in der der Körper einer Frau als Politikum verstanden wurde, nicht toleriert werden kann. Wenn das nicht auf politischer Ebene passiert, dann muss eben die Zivilgesellschaft Flagge zeigen.

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