Mensch geht eine Straße entlang

VorLaut #8 – Ist türkis-grün Zukunft?

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Weil es jede Woche etwas gibt, das nach dem kleinen bisschen Meinung verlangt. Weil wir finden, dass frech und vorlaut immer besser ist als zahm und gefügig. Deshalb gibt unser stellvertretender Chefredakteur Max Bell kurz vorm Wochenende seinen Senf dazu. Er mischt sich ein, überall und immer. Damit wir wissen, was war, was ist und welche Themen ruhig noch ein bisschen (vor)lauter sein dürfen. Diese Woche: Kann die türkis-grüne Regierung wirklich zukunftsorientiert arbeiten?

Türkis-Grün haben ausverhandelt, das Regierungsprogramm präsentiert und warten nun ab, ob der grüne Bundeskongress einer Koalition zustimmt. Höchste Zeit um sich anzuschauen, wie die zwei Sieger der letzten Wahl Österreich gestalten wollen.

Zwei Parteien, die sich jung und vorwärtsgerichtet präsentieren, bilden also wahrscheinlich eine Regierung. Da wäre doch, was Zukunftsthemen wie Bildung, Klima oder Migration betrifft, Innovatives zu erwarten. Das Regierungsprogramm spricht jedoch leider eine andere Sprache.

Im Bildungressort, schon seit langem ein Steckenpferd der Grünen, kommt wieder Heinz Faßmann ans Ruder. Er hat sich in der Vergangenheit mit Maßnahmen wie den Deutschförderklassen, die gegen den wissenschaftlichen Konsens durchgesetzt wurden, einen Namen gemacht. Diese integrationsfeindliche Maßnahme wird nicht abgeschafft, sondern bloß besser finanziert.

In der Klimapolitik konnten die Grünen einiges erreichen. Das Programm sieht aber leider aus wie eine Bulldogge, der man die Zähne gezogen hat. Die Zielsetzung zur Klimaneutralität bis 2040 ist ein hehres Ziel, laut Wissenschaft wird das aber ohne CO2 Steuer nicht zu machen sein. Diese fehlt als Maßnahme. Auch die Gründung einer Taskforce, die eine Öko-Steuerreform bis 2022 erarbeiten soll, lässt die Frage offen, ob eine solche den Türkisen nach zwei eventuell frustrierenden Regierungsjahren dann noch abzuringen sein wird.

Zumindest konnten die Grünen eine Art Super-Klimaministerium durchsetzen, dass sich um diese wichtigste Agenda der Zukunft kümmern soll. Dieses hat mit der ehemaligen Global 2000 Chefin Leonore Gewessler sicher auch eine kompetente Führungsperson. Allerdings ist die Landwirtschaft aus diesem Ministerium ausgekoppelt. Dadurch sind Konflikte vorprogrammiert.

Die größten Enttäuschungen für viele Grünwähler hält aber wohl die Arbeits- und die Integrationspolitik bereit. Der Zwölfstundentag bleibt und die „Sicherungshaft“ kommt. Letztere ist eine Möglichkeit, Asylwerber, die keine Straftat begangen haben, präventiv zu verhaften. Gemeinsam mit der Ausweitung des Kopftuchverbots steht diese Maßnahme fundamental gegen den liberalen Staat, wie die Grünen ihn bisher vertreten haben.

Das türkis-grüne Programm kann also nicht wirklich Zukunft. Vieles, was die Grünen immer kritisiert haben, kommt doch und manches, was sie durchsetzen wollen, bleibt ohne konkrete Maßnahmen vage. Das ist natürlich nicht nur Fehler der Grünen. Koalition bedeutet eben Kompromiss.

Wie rückschrittlich einige der bisher kolportierten Punkte teilweise sind, zeigt aber, wie die Neue Volkspartei tickt. Man kann sich ausmalen, wie die ursprünglichen Forderungen der Türkisen ausgesehen haben mögen, wenn der Zwölfstundentag behalten und Deutschförderklassen, wie Sicherungshaft bloße Kompromisslösungen sind. Es stellt sich allerdings auch die Frage, welche roten Linien die Grünen im alltäglichen Regierunggeschäft nicht überschreiten wollen. Bei den Koalitionsverhandlungen scheinen ja schon einige über Bord geworfen worden zu sein.

Comitted to the best obtainable version of the truth.

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