Nick Cave über das Schreiben von Liebesliedern

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„The lovesong must be a sad song“, erklärte uns einst Nick Cave. Ende der 90er Jahre hielt er ein Seminar an der Vienna Poetry School. In fast schon autobiografischen Aufnahmen von spricht der australische Musiker über Vertrauensbrüche und Ängste, seinen Vater, den Literaturprofessor, das Alte Testament, Leonard Cohen und Bob Dylan, Erotographie und warum ein Liebeslied niemals glücklich sein darf. Da wir im ersten Lockdown bereits die Gelegenheit genutzt haben, ein Musikinstrument zu erlernen, ist es nun an der Zeit das Können auch praktisch anzuwenden. Eine Online-Lehrveranstaltung der anderen Art.

Titelfoto: Nick Cave © Kerry Brown

Über die Jahre hinweg hat sich der australische Ausnahmekünstler Nick Cave vom versifften, drogenabhängigen Post-Punk Musiker der späten Berliner 80er Jahre hin zum gequälten, zerfallenen und seinesgleichen suchenden Mediator verwandelt. Nach dem Tod seines Sohnes Arthur vor fünf Jahren ließen sich die Trauer und der Schmerz des Kreativschaffenden aber nicht mehr durch Musik, Gedichte, Romane oder Zeichnungen wegschreiben oder wegarbeiten. Wo er vor Jahrzehnten noch die Bühne nach nur kurzer Zeit verließ, will Nick Cave nun genau diesen Abstand wieder füllen und sucht deshalb intensiv die Nähe seiner Fans, die sein Leiden ja doch immer schon verstanden haben. Bei seinem jüngsten Konzert Idiot Prayer: Alone at Alexandra Palace heuer im Juli, war diese Nähe, ironischerweise ganz ohne Publikum, besonders spürbar.

Seit mehr als zwei Jahren schon gibt es die sogenannten Red Hand Files, eine Art Online-Kummerkasten mittels dessen die Fans persönliche Fragen an Nick Cave senden können. Seien es Fragen über den eigentlichen Sinn seiner Zeilen, Fragen über sein oder das eigene Leben, Fragen über Inspirationen oder direkte Bitten um Hilfestellungen, wie man mit dem Tod von geliebten Menschen umgehen kann.
Nick Cave schweift aus. Er antwortet nie direkt. Der Geschichtenerzähler weiß sein Handwerk zu schätzen und liefert meist eine Anekdote aus dem Leben. Sein Humor ist spürbar. Seine Antworten sind aufheiternd und so ehrlich, dass man sich von dem Rockstar in dem Arm genommen fühlt.

Für ihn ist diese Art der Kommunikation aber nicht ganz neu. Er hat Ähnliches schon vor mehr als 20 Jahren gemacht und stand vor uns, um uns seine Wege zu erklären, noch dazu in Wien. An der Vienna Poetry School hielt er 1998 ein Seminar über “the love song and how to write one.” 

Liebeslieder müssen weh tun, nur um am Ende die Liebe wieder in ein besseres Licht zu rücken. Der spanische Ausdruck duende ist diese Kraft der dunklen Klänge, die ein jeder spürt, aber kein*e Philosoph*in beschreiben kann. Nick Cave sagt, er sei froh darüber, traurig zu sein, denn gerade Liebeslieder könnten ihm meist etwas von dieser Trauer nehmen. Musikalisch untermalt wird sein Seminar, wie auch 20 Jahre später bei der Conversations with Nick Cave Tour, also durch seine Kompositionen.

Lehnt euch also zurück und lauscht aufmerksam eine Online-Lehrveranstaltung der anderen Art.


Weitere Infos

Videos Part 4 bis 10 findet ihr auf YouTube, die Aufnahmen gibt es auch auf CD.

 

Ich wünscht ich könnt.

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