Mensch geht eine Straße entlang

VorLaut – Warum der zweite Lockdown anders ist

//
3 mins read
Start

Der zweite harte Lockdown ist also da. Und irgendwie ist alles anders, keiner schwärmt mehr auf Social Media über die Chance zur Besinnung, keiner freut sich über die tollen Projekte, die man jetzt angehen wolle, keiner redet sich mehr ein, dass die Regierung eh alles im Griff hat.

Was uns durch den ersten Lockdown getragen hat, war die Vorstellung, dass jene Menschen, die aktuell Entscheidungen über unsere Freiheit treffen, mehr oder minder abgeklärt handeln. Dieser Konsens ist verschwunden. Zum Teil spielt sicher der Zeitfaktor eine Rolle, fast ein Jahr dauert diese Krise jetzt schon an. Auf der anderen Seite löst die Regierung mit ihrem scheinbar herumirrenden Verhalten nicht unbedingt großes Vertrauen aus.

Pläne werden gemacht, ohne die wichtigsten Figuren einzubinden. Kurz kündigt Massentests an, von denen die Verantwortlichen in den Ländern nichts wissen. Dabei sollen diese die Tests doch administrieren. Die Regierung wirkt ein wenig wie ein Marathonläufer, der sich am Anfang der Strecke mit einem Sprint einen riesigen Vorsprung verschafft hat und jetzt bei Kilometer 30 an seiner Kondition scheitert.

Diese Unsicherheit überträgt sich auf uns alle. Wenn etwa Lehrer*innen einen Tag vor dem Ende des Regelunterrichts erfahren, dass sie am folgenden Tag im Distance-Learning unterrichten müssen. Obwohl viele von uns zuhause sind, ist unser Alltag destabilisiert. Eine Stimmung liegt in der Luft, bei der man jeden Moment mit einer neuen lebensverändernden Maßnahme rechnet. Dabei bleibt aber der dahinterliegende Fahrplan weitgehend unbekannt.

Eine Priorität kennen wir aber zumindest: Das Weihnachtsgeschäft. Pünktlich zum Ende des Lockdowns gibt es den Startschuss zum manischen Einkaufsstraßenstürmen. Der Fokus der Bundesregierung auf dieses ist angesischts dessen, wie Bildungschancen vernichtet werden, nicht einmal mehr Zynismus, sondern blanker Hohn.  Er ist wohl mit ein Grund für eine omnipräsente Frustration. Es geht uns die Ausdauer aus, vielleicht ziehen auch deswegen die Maßnahmen nicht mehr so, wie sie es im März getan haben.

Umso wichtiger ist es, sich zu erinnern, worum es bei alldem immer noch geht. Trotz frustrierenden Pressekonferenzen, trotz Verständnislosigkeit über die Schwerpunktsetzung: den Schutz von Mitmenschen, ihrer physischen und psychischen Gesundheit. Deshalb, zoomt eure Freunde an, geht mit Familie spazieren und vor allem schaut auf euch selber. Denn wenn dieser Wahnsinn ein Ende hat, sollten wir immer noch ein Leben haben, in das es sich zurückzukehren lohnt.

Comitted to the best obtainable version of the truth.

Schreibe einen Kommentar

Your email address will not be published.

marten mcfly kolumne
Previous Story

HipHopHand | Wie tiefsinnig ist deutscher Rap?

sexkolumne titelbild
Next Story

Love Lockdown | CaFétisch