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Der feuchte Traum von Viktor Orban

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Am 30.März 2020 ist es dem ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orban und seiner Fidesz Partei mit einer Zweidrittelmehrheit gelungen, das ungarische Parlament zu entmachten. Er regiert fortan auf Basis von Notstandsregelungen. Das alles unter dem Vorwand, Covid-19 unter Kontrolle zu bekommen. Diesem Zustand ist kein zeitliches Limit gesetzt. Damit heißt es: Freie Bahn für Orban in ein nationalistisch-diktatorisches Ungarn.

Von liberaler zu illiberaler Partei

Seit nun zehn Jahren ist die Fidesz Partei in der Regierung und hält mit der KDNP (Christliche-Demokratische Volkspartei) eine knappe Zweidrittenmehrheit. Die Fidesz-Partei war ursprünglich ein Bündnis junger Intellektueller, das sich seit der Gründung 1988 gegen das autoritäre Regime in Ungarn unter der Vormacht der UdSSR stellte. Doch spätestens mit dem Regierungsantritt 2010 war von der liberalen Partei der „Wende-Zeit“ nichts mehr übrig. Fidesz entwickelte sich zunehmend zu einer nationalistischen und rechtskonservativen Partei mit einem megalomanen Verschwörungstheoretiker an der Spitze. 

Der Weg zum autoritärem Staat Ungarn

Das Streben nach Machterhalt der Fidesz-Partei begann schon kurz nach der Wahl 2010 mit der Veränderung der Wahlgesetze, nach denen auch Auslandsungarn das Wahlrecht erhielten. Personen mit nicht ungarischer Meldeadresse, die noch nie zuvor in Ungarn gelebt haben, aber ungarische Vorfahren haben, können seither eine Doppelstaatsbürgerschaft beantragen und damit an ungarischen Wahlen teilnehmen. Dies war von der Fidesz-Regierung taktisch gut durchdacht, da dadurch einerseits ein nationalistisches Streben nach Großungarn inszeniert wurde, andererseits, weil Fidesz davon ausging, dass die Auslandsungarn mehrheitlich für Fidesz stimmen würden. Und tatsächlich stimmten bei der Wahl 2014 95% der im Ausland lebenden Ungarn für die Regierungspartei und verhalfen damit der Fidesz-KDNP-Regierung zu einem komfortablen Sieg. Auch 2018 gingen 96,2% dieser Stimmen, überwiegend aus Rumänien, an Fidesz-KDNP. Diese Gesetzesänderung sollte allerdings erst den Anfang der autokratischen Herrschaft der Regierung ausmachen.

In der Praxis hieß das: Handeln von NGOs gesetzlich erschweren, Korruption in der Justiz und vor allem die Aushöhlung der Pressefreiheit. Knapp 78% der ungarischen Medien gelten als staatsnah. Mit der regierungstreuen Medienstiftung Kesma schaffte es Viktor Orban, insgesamt 500 Medien unter seine Kontrolle zu bringen. Zudem lässt Orban kritischen und unabhängigen Journalismus ökonomisch aushungern oder von befreundeten Oligarchen aufkaufen. Mit diesen Strategien hat sich die Regierung ein gewaltiges Medienmonopol geschaffen, welches eigentlich nicht mehr erlauben kann, Ungarn ein demokratisches Land zu nennen.

Ein Traum für Orban geht in Erfüllung

Nun ist es soweit. Für das umstrittenen Notstandsgesetz von Orban stimmten 138 der insgesamt 199 Abgeordneten, 53 waren dagegen. Unter dem Vorwand, dem Covid-19 Virus Einhalt zu gebieten, regiert Viktor Orban auf Basis von Notstandsregelungen und das ohne die Kontrolle des Parlamentes. Besonders heikel ist dabei der zeitliche Rahmen, der gesetzt wurde. Nämlich keiner. Orban und seine Fidesz-Partei sind nun diejenigen, die bestimmen wann die Pandemie in Ungarn vorüber ist. Mit der nicht vorhandenen Pressefreiheit und der androhenden Haftstrafe auf Falschmeldungen, ist es für Orban und Co ein leichtes Unterfangen, das Notstandsgesetz zu legitimieren, solange sie es für nötig halten.

Falschmeldungen der Presse werden von der Regierung selbst als solche eingestuft. Damit kann genau kontrolliert werden, was die Presse bezüglich der Gesundheitskrise schreiben darf und was nicht. Orban gibt sich, wie so oft, als starker Mann für Ungarn. Mit erhobenem Kopf und klaren Worten versucht er den Ungarn Mut für diese schwierige Zeit zu machen. Informationen zum Virus selbst enthält er den Menschen allerdings vor. So ist zum Beispiel nicht klar, welche Gebiete in Ungarn besonders stark betroffen sind, auch genauere Informationen zu den Infizierten werden nicht bekanntgegeben.

Durch das Fehlen von, für Journalist*innen zugänglichen, Informationen und der drohenden Gefängnisstrafe, können Zahlen zum Corona-Virus nicht überprüft werden. Journalist*innen tappen im Dunkeln, genau wie der Rest der Bevölkerung auch. Das lässt vermuten, dass der Virus in Ungarn schlimmer tobt, als die Orban-Regierung zugeben kann. Jetzt heißt es zu hoffen, dass der Virus die ungarische Bevölkerung nicht allzu hart trifft und Ungarn nach der Corona-Krise nicht als Diktatur in eine neue Ära startet.

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