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Interview: Pint of Science

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Seit 2012 lädt das aus England stammende weltweite Wissenschaftsfestival „Pint of Scienc“ zu Forschungsgesprächen bei einem Bier ein. 2019 kam es nach Österreich, das erste Mal vor Ort findet es heuer vom 9.-11.5. in Wien, Krems, Graz und Innsbruck statt.

Mit der Idee, Forschung neben einem Krug Bier, einem Pint, oder einem anderen Getränk der Wahl zu genießen, bietet Pint of Science Austria heuer in vier Städten rund 42 Events an. Unterteilt sind sie in sechs Themengebiete (Unser wundervoller Verstand, Von Atomen zu Galaxien, Unser Körper, Planet Erde, Star Tech und Unsere Gesellschaft), die in verschiedenen Bars von Wissenschafter*innen greifbar gemacht werden sollen. An drei Tagen stellen die österreichischen Forscher*innen ihre Ergebnisse vor. Zusätzlich gibt es in Wien am 12. Mai ein Special Event in Zusammenarbeit mit zwei großen internationalen Konferenzen zu den Themen der Dunklen Materie und der Stringtheorie. Um gut 100 Vortragende zu koordinieren, braucht es ein motiviertes und großes Team. wolfgang war im Gespräch mit der Hauptorganisatorin Lisa Recnik.

Was genau steht hinter der Idee von Pint of Science (PintoS)?

Dazu kann ich gern die Gründungsgeschichte von PintoS erzählen. Es kommt aus England und wurde von zwei Wissenschaftler*innen gegründet, damals beide Post-Docs aus der Biologie bzw. medizinischen Biologie, die an Alzheimer, Parkinson und Ähnlichem geforscht haben. Während ihrer Labortätigkeit sind sie dann daraufgekommen, dass ihre Patient*innen eigentlich gar nicht wissen, woran die beiden im Labor arbeiten. Der Austausch hat gefehlt. Sie haben einen „Meet the Researchers-Day“ veranstaltet, wo tatsächlich die Patient*innen und Betroffenen in das Labor eingeladen worden sind und erfahren haben, was an ihren Krankheiten geforscht wird. Das ist gut angekommen und die beiden Forscher*innen dachten sich, dass sie das auch im größeren Stil machen könnten. Die Labore sind aber nicht groß genug und so suchten sie nach einem Ort, an dem Forschung leicht zugänglich ist. Schnell sind sie auf die Pubs und Lokale der Stadt gekommen. So konnten sie die Wissenschaft zu den Leuten bringen und nicht, wie bei Tagen der offenen Tür, die Leute an die Uni holen. Das ganze Setting ist eher gemütlich und informell gehalten über einem Glas Bier oder Soda Zitron. Uns ist dabei noch wichtig, dass wir lokale Forschung vorstellen. Wir sind heuer in vier österreichischen Städten und so präsentieren in Wien auch Wiener Forscher*innen bzw. Wissenschafter*innen der Wiener Forschungsinstitute.

Wissenschaft ist ein sehr breit gefächerter Begriff, der viele Fachbereiche abdeckt. Welche Themen kommen bei euch vor, welche sind auch gefragt? Wie definiert ihr Wissenschaft?

Für uns ist alles Wissenschaft, was an Hochschulen oder Forschungsinstituten gemacht wird. Wir beschränken uns nicht nur auf Naturwissenschaft, was oft der erste Gedanke ist: ganz im Gegenteil. Es gibt auch Vorträge aus den Sozialwissenschaften, Geisteswissenschaften, ebenso Technik und Medizin. Das einzige „Limit“ ist die lokale Wissenschaft. In Wien ist das nicht schwer, da decken wir eigentlich alle Bereiche ab. In kleineren Städten gibt es aber oft nur wenige Forschungseinrichtungen mit speziellen Schwerpunkten und diese werden dann eben vorgestellt.

Zu den Themen haben wir ganz klassisch solche, die die breite Masse begeistern: Galaxien, Dinosaurier, Fossilien. Es gibt aber auch Vorträge, die stark gesellschaftsrelevant sind, zum Beispiel welche Wege es in eine CO2-freie Zukunft gibt, wie wir mit einer alternden Gesellschaft umgehen oder welche Herausforderungen es am Arbeitsmarkt der Zukunft gibt.

An welches Publikum denkt ihr beim Planen des Programms?

Unsere Zielgruppe sind eigentlich alle, wir richten uns vor allem an alle über 18 Jahre. Ebenso ist kein Vorwissen nötig, die Vorträge richten sich nicht an Expert*innen. Natürlich wissen wir, dass wir in erster Linie Leute ansprechen, die ein Interesse an der Wissenschaft haben. Meine Vision wäre, dass das Festival über die nächsten Jahre zu der Größe und Bekanntheit anwächst, die es auch in England oder Frankreich erreicht hat. Ich wünsche mir, dass wissenschaftliche Events in Lokalen genauso alltäglich werden, wie Konzerte oder Kleinkunst. Nach den Vorträgen bieten wir die Möglichkeit, dass man auch mit den Wissenschafter*innen ins Gespräch kommt und sich austauschen kann. Dadurch soll Wissenschaft wieder greifbarer, nahbarer werden, und zwar für alle!

Wie sucht ihr eure Vortragenden aus? Wie findet ihr sie?

Ich habe in Wien ein Team aus 25 Leuten, die in sechs Teilbereiche aufgeteilt sind. Sie arbeiten gemeinsam als Team auch an dem Programm. Dabei wägen wir ab, welche Fragen wollen wir darstellen, was ist zur Zeit relevant für unsere Gesellschaft und unser Leben im Jahre 2022. Oft haben aber schon die Freiwilligen im Team Vortragende im Kopf, die sie kennen, von denen sie auch wissen, dass sie engagiert reden und vielleicht schon Erfahrung haben mit unserem Publikum. Damit ergibt sich ein bunter Mix mit vielen Brainstorming-Sessions und Recherchen, wie und wen sie kontaktieren. Meistens sind auch die Wissenschafter*innen sehr begeistert von der Idee zu Laien zu reden und haben die Einladung gern angenommen.

Auf eueren Flyern steht „Forschung im Lokal genießen“. Ist Wissenschaft wirklich so einfach erklärbar oder braucht es doch eher einer Uni?

Ich glaube, dass das durchaus vom Forschungsthema abhängt. Es gibt Themen, die einfacher zu verstehen sind. Wenn ich an Quantenphysik denke, ist sie schwieriger zugänglich als zum Beispiel Zoologie, vor allem, wenn man dazu nichts studiert hat. Man muss mehr Grundlagen definieren, um alle auf denselben Wissenstand zu bringen Bei manchen Themen muss man sich also eher damit auseinandersetzen, wie man es einfach erklären kann, aber ich denke, dass man in 20-25 Minuten jedes Thema vermitteln kann.


Lisa Recnik hat Chemie an der Technischen Universität Wien studiert. Ihr Doktorat hat sie in Bristol, England, gemacht, wo sie auch Pint of Science kennengelernt hat. Als Volunteer hat sich neben dem Studium bei der Organisation mitgeholfen, auch später noch, während ihres Post-Docs in Frankreich. Beruflich zurück in Österreich startete sie im Herbst 2019 Pint of Science Austria und wird heute tatkräftig von einem großen Organisationsteam unterstützt.

Für genauere Informationen zu den Veranstaltungen und dem Festival hier klicken.


Titelbild (c) Pint of Science

 

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