Mensch geht eine Straße entlang

VorLaut #14 – Bernie macht Hoffnung

//
3 mins read
Start

Weil es jede Woche etwas gibt, das nach dem kleinen bisschen Meinung verlangt. Weil wir finden, dass frech und vorlaut immer besser ist als zahm und gefügig. Deshalb gibt unser stellvertretender Chefredakteur Max Bell kurz vorm Wochenende seinen Senf dazu. Er mischt sich ein, überall und immer. Damit wir wissen, was war, was ist und welche Themen ruhig noch ein bisschen (vor)lauter sein dürfen. Diese Woche: Wie Bernie Sanders weltweit Hoffnung entfacht und auch mich überzeugt hat.

Seit Bernie Sanders diese Woche die Vorwahl der Demokraten in New Hampshire für sich entschieden hat, führt er auch das Rennen auf nationaler Ebene an. Die Wettquoten, dass er die Vorwahl gewinnt, steigen seit sechs Monaten kontinuierlich an. Die Faszination Bernie scheint keine Grenzen zu kennen. Warum?

Sanders Kampagne denkt ein Konzept zu Ende, das die amerikanische Politlandschaft so nicht gewohnt ist: Solidarität. “Not me, us!” ist der Slogan, der jede Woche tausende Unterstützer*innen von Bernie auf die Straße holt. Dieser radikale Gegenentwurf zu Donald Trumps “Me, Myself and I”-Politik ist so reizvoll, weil er authentisch wirkt. 

Sanders Aussagen haben sich über die Jahrzehnte seines politischen Engagements hinweg kaum geändert, weil sich Amerika um ihn herum kaum geändert hat. Jahrzehntelang galt er als Underdog, als Träumer. Jetzt aber scheint die Zeit reif zu sein für einen Politiker, der Forderungen nach fundamentalen sozialen Standards endlich auch ins Rennen um die Präsidentschaft trägt.

Neben seinen Themen ist es seine positive Art, die vor allem junge Menschen von Bernie überzeugt. Oft spricht er von Personen, die für ihre Rechte auf die Straße gehen, von streikenden Arbeiter*innen und Pro Choice Aktivist*innen, als Helden. Er baut sein Narrativ tatsächlich nicht auf sich selbst auf. Das ist erfrischend im US-Politzirkus. Sanders Kampagne ist eben mehr als reiner Wahlkampf. Bernie politisiert junge Amerikaner*innen, indem er zeigt, dass Veränderung um der Zukunft willen notwendig und unterstützenswert ist. 

Darin liegt leider auch ein fundamentales Problem, das viele, mich eingeschlossen, in all dem Überschwang gerne übersehen würden. Amerika ist eine zutiefst konservative Nation. Echte Veränderung würde bedeuten, uralte Strukturen über Bord zu werfen. Das macht vielen Menschen Angst. Die Frage wird also nicht sein, ob Bernie Trump schlagen können wird. Die Frage wird sein, ob die amerikanischen Wähler*innen es schaffen, zum Wohle der Allgemeinheit progressiver zu werden.

Bis diese aber in den kommenden Wahlen beantwortet wird, darf man sich ruhig mal von einer von Sanders Reden bezaubern lassen. Denn selbst wenn er die Wahlen nicht gewinnt, hat Bernie die politische Landschaft der USA nachhaltig verändert.


Hier eine Rede von Sanders

Comitted to the best obtainable version of the truth.

Schreibe einen Kommentar

Your email address will not be published.

Previous Story

Money for Nothing? - Ein Streitgespräch zum bedingungslosen Grundeinkommen

Tyll
Next Story

Tyll tut #8 - Wellness