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Das ist kein Land für Queers

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Obwohl wir uns im Jahr 2020 befinden und in den letzten 15 Jahren einige Fortschritte verzeichnet wurden, hat Italien noch viele Probleme, was die Bürgerrechte anbelangt. Homophobie ist in Italien noch sehr stark und oft durch Politik und Gesellschaft gerechtfertigt.

Am 17. Mai 1990 beschloss die Weltgesundheitsorganisation, Homosexualität aus ihrem Diagnoseschlüssel für Krankheiten zu streichen. Seitdem feiern wir am 17. Mai den Internationalen Tag gegen Homo-, Bi-, Inter- und Transphobie. Auch wenn etwa 30 Jahre vergangen sind, hat Italien seine übliche „Verspätung“: Im Jahr 2019 wurden zumindest 50 homophobe Übergriffe verzeichnet. Darunter sind persönliche Angriffe, Vandalismus gegen LGBTI-Vereinssitze, Bedrohungen und mediale Zensur. 50 Vorfälle im Jahr 2020 sind nicht zu unterschätzen: Das heißt, solche Ereignisse sind keine Einzelfälle mehr, sondern stellen eine Tendenz dar, die oft von politischer und gesellschaftlicher Seite gestützt wird.

Auf der Webseite www.wikipink.org werden alle, sich in Italien ereignenden, homo-, bi-,und transphobe Fälle, d.h. sowohl physische als auch verbale Angriffe, sowie Äußerungen, die auf Ausgrenzung von homo-, bi- oder transsexuellen Personen zielen, aufgenommen. Die Webseite ist leider nur bis Jänner 2017 aktualisiert und enthält eine sehr lange Liste von Angriffen und Beleidigungen gegen Personen und Vandalismus gegen Vereinssitze oder Gay-Clubs.

Eine der schrecklichsten Geschichten der letzen Jahre bezieht sich auf ein Gay-Paar aus Verona, Venetien. Die zwei Männer wurden im August 2018 im Zentrum von Verona beleidigt und verprügelt, dann erschienen auf der Fassade ihres Einfamilienhauses und auf ihrem Auto einige Schriftzüge mit Beleidigungen, Hakenkreuzen und sogar Bezügen auf Gaskammern. Aber das ist nicht genug. Im September wurde einer der Männer mit Benzin angegriffen. Danach wurden zwar einige Veranstaltungen gegen Homophobie in der Stadt organisiert, aber dieser Fall erhielt keine Missbilligung seitens der Institutionen und das Paar wurde gezwungen, eine Mauer um ihr Haus bauen zu lassen.

Wir haben dringendere Probleme“

Das ist so, weil es spezifische, rechte Parteien gibt, die zu solchen Einstellungen ermuntern. Die Tragweite der homophoben Angriffe wird seitens der Politik geschmälert, und wenn man zum Beispiel ein Gesetz gegen Homophobie vorschlägt, erhält man die übliche Antwort: „Wir haben dringendere Probleme“. In den Regionen und Gemeinden, wo rechte Parteien an der Macht sind, arbeiten sie an der Abtragung aller Gesetze, Verordnungen oder Normen, die gegen homophobe Einstellungen verabschiedet wurden. Solche Gesetze auf regionaler Ebene haben vor allem einen Präventionszweck: Es geht meistens um die Vergabe von Geldmitteln für Projekte und Vereine, die an der Einbeziehung der LGBTI-Personen in die Gesellschaft arbeiten, oder für wichtige Veranstaltungen, wie die Regenbogenparaden. Derselbe Prozess ist auch im Parlament in Rom zu beobachten: Die Abgeordneten solcher Parteien arbeiten ständig daran, Homophobie kleinzureden und verhindern die Billigung eines echten Gesetzes gegen die Homophobie, das zur Kriminalisierung des Phänomens führen kann.

Zweck der rechten Parteien war (und ist), LGBTI-Gruppen im Namen der sogenannten „traditionellen Familie“ auszuschließen. Ihre Vertreter sprechen von einer Bedrohung seitens der LGBTI-Personen, die beschuldigt werden, diese „traditionelle Familie“ zerstören zu wollen. Und deswegen fühlen sich die Fans der traditionellen Familie in der Lage, sich gegen die bösen Gays zu schützen. Deshalb existiert für die italienischen Homo-, Bi- und Transsexuellen eine echte Gefahr. Ohne ein angemessenes Gesetz gegen Homophobie wird Italien immer in seinem Mittelalter bleiben. Homophobie ist ein Problem, das so bald wie möglich gelöst werden muss.


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Italiener, Übersetzer, Beobachter. Meine Leidenschaften sind die Politik, die Musik und die Literatur.

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